Grundsätzlich ist es möglich, dass das Gericht das elektronische Dokument nicht verarbeiten kann oder dass vorübergehend technische Einrichtungen – z. B. aufgrund von Wartungsarbeiten – nicht verfügbar sind. Für diese Fälle hat der Gesetzgeber aber Vorsorge getroffen. Ist das Dokument nicht zur Bearbeitung geeignet, so teilt das Gericht dies dem Absender mit. Das Dokument gilt zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt, § 130a Abs. 6 ZPO n.F.

Ist die Übermittlung eines elektronischen Dokuments aus technischen Gründen vorübergehend unmöglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen, § 130d Satz 2 ZPO n.F.

Für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer – dies sind insbesondere Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte – wird ein beA eingerichtet, wodurch sichergestellt ist, dass nur zugelassene Anwälte mit den Gerichten elektronisch kommunizieren können. Diese vertrauen im Sinne des bundesweit anerkannten Konzepts „Secure Access To Federated E-Justice“ (S.A.F.E.) auf die Richtigkeit des Verzeichnisdienstes der Bundesrechtsanwaltskammer. Ausnahmen sind nicht vorgesehen, auch nicht aus Altersgründen oder aufgrund der Art oder des Umfangs der Tätigkeit. Rechtsanwälte im öffentlichen Dienst (§ 47 BRAO) erhalten ebenfalls ein Postfach. Auch Syndikusrechtsanwältinnen und Syndikusrechtsanwälte erhalten ein beA-Postfach. Ein Antrag oder eine sonstige Mitwirkung zur Einrichtung des Postfachs sind nicht vorgesehen; Postfächer werden unmittelbar empfangsbereit eingerichtet.

Grundsätzlich können über das beA zugelassene Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte mit den Gerichten sowie untereinander kommunizieren. Aber auch Behörden können an dem System teilhaben sowie Bürger, die sich ein EGVP-Bürgerpostfach eingerichtet haben.

Die BRAK hat den Zugang über ein Web-Portal zur Verfügung gestellt. Über einen Internetbrowser meldet sich die/der Anwältin/Anwalt am beA-Webzugang mit Benutzernamen, Passwort und einem weiteren Sicherungsmittel (z. B. Signaturkarte) an. Anschließend besteht die Möglichkeit, einen Schriftsatz vom lokalen Computer entsprechend in das Portal hochzuladen und von dort an das Gericht zu versenden.

RA-MICRO hat die beA-Schnittstelle der BRAK in die Kanzleisoftware integriert und bietet mittels Softwarezertifikat die weitgend automatisierte Einbindung der beA-Abläufe in die Kanzleiorganisation an.

Das ERV-Gesetz sieht die elektronische Erreichbarkeit der Gerichte zum 1.1.2018 in folgenden Prozessordnungen vor: ZPO, FamFG, ArbGG, SozGG, VwGO, FGO. Ausgenommen von der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs ist die Verfassungsgerichtsbarkeit. Für die Strafgerichtsbarkeit wurde das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs erlassen, welches die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs in Strafsachen grundsätzlich auch ab dem 01.01.2018 vorsieht. Wegen der Opt-Out-Möglichkeiten ist der aktuelle Stand in den jeweiligen Rechtsverordnungen der einzelnen Bundesländer nachzulesen.

Ja, § 130 d ZPO n.F. sieht eine Nutzungspflicht für alle zugelassenen Rechtsanwälte und Behörden vor. Diese beginnt – spätestens – am 1.1.2022. Allerdings kann dieser Beginn in den einzelnen Ländern durch Rechtsverordnung auch vorverlegt werden auf den 1.1.2020 oder 1.1.2021 (Art. 24 Abs. 2 ERV-Gesetz).

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hat am 28.11.2016 für jede Anwältin/jeden Anwalt ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) eingerichtet. Die Teilnahme war nach der RAVPV zunächst freiwillig. Ab dem 01.01.2018 begann die sog. passive Nutzungspflicht, nach der die Anwaltschaft verpflichtet ist, sich beim beA zu registrieren und alle dort eingehenden Nachrichten zur Kenntnis zu nehmen und gegen sich gelten zu lassen. Nach der zwischenzeitlichen Offline-Stellung lebte diese Pflicht zur erneuten Live-Schaltung ab dem 03.09.2018 wieder auf.

Seit dem 1.1.2016 ist es nach § 945a ZPO n.F. auch möglich, Schutzschriften in einem zentralen, länderübergreifenden Schutzschriften-Register (ZSSR) zu hinterlegen. Ab 1.1.2017 ergibt sich aus § 49c BRAO n.F. eine berufsrechtliche Nutzungspflicht dieses Registers. Weitere Informationen zum ZSSR erhalten Sie hier.

Das ERV-Gesetz sieht ein gestaffeltes Inkrafttreten der verschiedenen Vorschriften in 3 Stufen vor:

  • 1. Stufe: ab 1.1.2016

Die Regelungen über die Errichtung der besonderen elektronischen Anwaltspostfächer sind bereits ab 01.01.2016 in Kraft getreten. Ab der Errichtung des beA-Systems ist die Empfangsbereitschaft jeder Anwältin/ jedes Anwalts für elektronische Anwaltspost über das beA herzustellen. Hierzu ist die BRAK gesetzlich verpflichtet.

  • 2. Stufe: ab 1.1.2018 – 1.1.2020

Frühestens ab 1.1.2018 besteht die Möglichkeit für die Anwaltschaft, elektronische Dokumente auch ohne qualifizierte elektronische Signatur bei Gericht über das besondere elektronische Anwaltspostfach einzureichen. Die Länder erhalten durch das Gesetz die Option, die Eröffnung des elektronischen Kommunikationswegs bis zum 31.12.2019 zu verschieben. Das Verschieben hat durch die Länder einheitlich für alle Gerichtsbarkeiten zu erfolgen (Art. 24 Abs. 1 S.2 sog. „Opt-Out“).

  • 3. Stufe: ab 1.1.2022

Spätestens ab 1.1.2022 wird eine gesetzliche Verpflichtung zur Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs für jede Rechtsanwältin und jeden Rechtsanwalt in Kraft treten. Die Landesjustizverwaltungen erhalten hierbei die Möglichkeit, das Inkrafttreten auf 01.01.2020 oder auf 01.01.2021 für jedes Land und jede Gerichtsbarkeit separat vorzuverlegen (Art. 24 Abs. 2 S. 1 sog. „Opt-In“). Die Vorverlegung ist jedoch nur zulässig, wenn allen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten die freiwillige Benutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs zwei Jahre lang freiwillig ermöglicht wurde. So darf die verpflichtende Nutzung ab 1.1.2020 nur eingeführt werden, wenn bereits ab 1.1.2018 der Anwaltschaft der elektronische Zugang durch das besondere elektronische Postfach gewährt wurde.

Einschränkung: Die Verpflichtung zur Einreichung elektronischer Dokumente über das besondere elektronische Anwaltspostfach wird auch nach dem 1.1.2022 für die Anwaltschaft nicht bestehen, wenn die Justiz aus technischen Gründen nicht auf elektronischem Weg erreichbar ist. Die Unmöglichkeit des Versands ist unverzüglich glaubhaft zu machen (für den Zivilprozess: § 130d Abs. 1 S.2 und S.3 ZPO n.F.).

Der elektronische Rechtsverkehr zwischen Anwälten und Gerichten ist zum 1.1.2018 flächendeckend bundesweit eingeführt. Die einzelnen Landesregierungen können allerdings den Beginn für ihren Bereich und einheitlich für alle Gerichtsbarkeiten durch Rechtsverordnung auf den 1.1.2019 oder auch 1.1.2020 verschieben (Art. 24 Abs. 1 ERV-Gesetz, sog. „Opt-Out-Modell“).

Ab 2020 kann dann in einigen Bundesländern sogar bereits die Pflicht bestehen, an Gerichte elektronisch zu senden. Bundesweit vorgesehen ist die verpflichtende Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs für alle Rechtsanwälte und Behörden ab dem 1. Januar 2022 (Art. 26 Abs. 7 ERV-Gesetz).

Ab dem 1.1.2022 gilt die Nutzungspflicht allgemein für Rechtsanwälte und Behörden. Ab 2022 wird mithin der elektronische Rechtsverkehr der einzige Kommunikationsweg für Anwälte und Behördenvertreter mit der Justiz sein.

Bereits im Jahr 2005 wurde mit dem Justizkommunikationsgesetz ein erster Versuch unternommen, den elektronischen Rechtsverkehr in Deutschland einzuführen. Das JKomG ermöglichte es, die auf die Papierform ausgerichteten Verfahrensordnungen insoweit umzugestalten, dass alle Verfahrensordnungen für die neuen elektronischen Kommunikationsformen und Archivierungsmöglichkeiten zugänglich sind.

Ursprünglich sollte der Elektronische Rechtsverkehr bereits im Jahr 2010 bundesweit eingeführt werden. Dazu hatten im Jahr 2007 das Bundesjustizministerium, die Bundesrechtsanwaltskammer, die Bundesnotarkammer und der Deutsche Anwaltverein einen Zehn-Punkte-Plan zur Förderung des Elektronischen Rechtsverkehrs vorgelegt.

Ein „Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten“ wurde am 16.10.2013 im Bundesgesetzblatt verkündet. Es trat (mit zahlreichen Ausnahmeregelungen) zum 1.1.2018 in Kraft (Art. 26 Abs. 1). Spätestens zum 1.1.2022 treten die Regelungen bundesweit und dann für alle Rechtsanwälte verpflichtend in Kraft. Von diesem Zeitpunkt an können alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte mit allen Gerichten nur noch elektronisch kommunizieren.